Das war der Physiotalk 4.1

Das war der Physiotalk 4.1 - physioSalzburg
physiotalk 4.1

„CHRONIK PELVIC-PAIN“ IM INTERDISZIPLINÄREN KONTEXT

„Chronic pelvic pain“ ist eine eigenständige Schmerzerkrankung mit Auslösern im bio-psychosozialen Bereich. Der interdisziplinäre Ansatz mit einer validen Anamnese, einer effizienten urogynäkologischen Diagnostik und sorgfältiger Befunderhebung im Bereich Becken und Beckenboden führt zu einem ganzheitlichen Therapiekonzept.

Beckenbodendysfunktionen sind ein wichtiger beitragender Faktor für “chronic pelvic pain”- Syndrome, einschließlich interstitieller Cystitis und Prostatitis. Durch sorgfältige und valide Befunderhebung soll festgestellt werden, ob, und wenn ja, welche Beckenbodenmuskeln involviert sind. Chronic pelvic pain ist eine Indikation für Physiotherapie und wird in öffentlich finanzierten Studien als evident und wirksam eingestuft.

Dieser Physiotalk fand am 10.4.2014 in der FH-Urstein Salzburg statt und widmete sich einem Randthema in der Physiotherapie. Trotzdem - oder gerade deswegen - zeugen 107 ZuhörerInnen von regem Interesse am Symptombild des chronischen Beckenschmerzes. Erstmals wurde die Veranstaltung als Zusammenarbeit von Physio Salzburg und Physio Austria im Rahmen eines sogenannten „Cobrandings“ ausgerichtet.

Der dreimal jährlich statt findende Salzburger Physiotalk geht mittlerweile in das fünfte Jahr und ist eine traditionell gut besuchte Informationsveranstaltung und beliebter Fixpunkt für PhysiotherapeutInnen, Physiotherapie-StudentInnen und ÄrztInnen. Dank der Sponsoren (Mitsch-Grebner und Partner, sowie der Privatbrauerei Trummer) bietet die Veranstaltung nicht nur hochwertige Fachvorträge sondern beim anschließenden Büffet auch eine gern genutzte Möglichkeit kollegialer bzw. interdisziplinärer Gespräche und Kontakte.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit beim „chronic pelvic pain (CPP)“-Syndrom ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Behandlung der schmerzgeplagten PatientInnen, die oft einen Abklärungshürdenlauf durch viele Fachdisziplinen durchlaufen, wie in der Einleitung zu den Vorträgen betont wurde.
Dr. Maria Trattner, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe und Sexualmedizinerin, erläuterte als erste Vortragende die anatomischen Grundlagen im Becken und  stellte einige mögliche zugrundeliegende uro-gynäkologischen Krankheitsbilder mit ihren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten anschaulich vor. Besonderen Wert legte sie auf den bio-psycho-sozialen Kontext dieses Schmerzsyndroms und die Wichtigkeit einer ausführlichen Anamnese. Wenn kein medizinischer Befund als Erklärung für den chronischen Unterbauchschmerz vorliegt bzw. die Therapie der diagnostizierten Erkrankung nicht zum Erfolg führt, lohnt es sich ihrer Erfahrung nach, auch nach sexuellen oder Beziehungsproblemen zu fragen oder einen eventuell versteckten Benefit aus den Beschwerden mit in Betracht zu ziehen.

Monika Siller, Physiotherapeutin, tätig in eigener Praxis in Köstendorf, Mitglied der Fachgruppe Uro-Prokto-Gynäkologie, und vielen als extern Lehrende an der FH-Urstein bekannt, setzte mit dem zweiten Vortrag fort. Sie berichtete in gewohnt spritziger und leidenschaftlicher Weise, welchen Beitrag die Physiotherapie bei CPP leisten kann. Dysfunktionen des Beckenbodens, der Hüftgelenke und Beckengelenke als ursächlicher oder mitbeteiligter Faktor am chronischen Beckenschmerz, deren Diagnose und Behandlung durch manuelle Techniken und auch interne vaginale und anale Befundung der Beckenbodenkraft mittels  standardisiertem „PERFect“-Schema und Behandlung von Triggerpunkten in der Beckenbodenmuskulatur wurden vorgestellt. Weiters wurden die Rollen vaskulärer,  neurologischer und visceraler Strukturen sowie funktioneller Zusammenhänge zu anderen Körperregionen beleuchtet. Siller hielt fest, dass Physiotherapie bei CPP nicht nur in vielen Fällen indiziert ist, sondern auch durch öffentlich finanzierte Studien als evident und wirksam eingestuft wurde.

Nach den Vorträgen stellten sich die Referentinnen den Fragen aus dem Publikum. Abschließend wurde betont, dass es noch genügend Aufklärungs- und Informationsbedarf über die Behandlungsmöglichkeiten der Physiotherapie bei CPP-Syndrom gibt, und zwar gleichermaßen bei PhysiotherapeutInnen und ÄrztInnen. Das Bewusstsein und Wissen diesbezüglich sei aber in jüngster Zeit deutlich im Zunehmen begriffen. Therapieabschlussberichte an überweisende ÄrztInnen und interdisziplinärer Austausch von Fachwissen, wie er z.B. in der von Frau Dr. Maria Trattner ins Leben gerufenen Beckenboden-Fachfrauen-Gruppe in regelmäßigen Treffen gepflegt wird, können dazu  einen wichtigen Beitrag leisten.